Wednesday, February 23, 2011

Dubai, die Stadt der zwei Gesichter, 22.02.2011

Heute wollte ich eigentlich gar nichts mehr tun. Oder allerhöchstens endlich meine Festplatte von unnötigem Datenmüll befreien, aber unter der Dusche kam mir dann eine andere Idee. Die Gedanken begannen wie die Tausenden Duschtropfen zu rieseln.

Ich möchte über die zwei Gesichter Dubais schreiben. Gehört hab ich schon daheim in Wien viel davon, und auch gelesen habe ich darüber. Dass ich darüber schreiben MUSS, wurde mir allerdings erst heute unter der Dusche bewusst. Begonnen hat es damit, dass ich mit Schrecken festgestellt habe, dass es schon wieder so spät ist. Und dann der Gedanke daran, dass ich ja schon morgen früh wieder durch den schrecklichen Baulärm vor meinem Fenster geweckt werden würde. Der Tag der Bauarbeiter beginnt sehr früh - zu früh für meine Ohren!

Dubai ist eine schillernde, im Sonnenlicht gleißende Stadt, die im Abendrot in sanfte Farben getaucht wird, und in der Nacht als Schönheit erstrahlt. Das alles wäre ohne die fleißigen, unermüdlichen Bauarbeiter nicht möglich. Diese arbeiten oft 14 Stunden, 7 Tage in der Woche. Sie hoffen in Dubai auf ein besseres Leben, das ihnen in ihrem Vaterland unmöglich erscheint. Sie kommen meist aus Pakistan und zahlen ein vergleichsweise Heidengeld, um über Mittelmänner hierher zu kommen. Oft nehmen sie dafür Schulden auf, die sie erst im Laufe der Zeit wieder begleichen.
Die Pässe werden gleich "eingezogen" - auf die Löhne müssen diese Menschen oft sehr lange warten.

Verglichen mit Bauarbeitern haben sogenannte "Maids" ein etwas besseres Leben: sie verzichten meist auf ein eigenes Leben und eigene Familie, um zu kochen und zu putzen, sowie die Kinder anderer Leute zu betreuen und aufzuziehen.
Größe und Miete der Apartments wird im Allgemeinen anhand der Anzahl der Schlafzimmer beschrieben. Oft findet sich auch noch folgendes Kürzel "+MR". Dahinter verbirgt sich der "Maid room", ein Raum ohne Fenster, in dem ein schmales Bett und ein Kasten Platz findet. Oft eine bessere Abstellkammer. Maids bekommen im Monat zwischen 1.000 und 2.000 AED, ein Lohn von 200 - 400 Euro, je nachdem, ob sich die Maid ihr Essen selbst besorgt oder nicht. Um einen kleinen Vergleich über Supermarktpreise zu geben: ein Kilo Pfirsiche kostet 27 AED (5.50 EUR), ein Block Sonnenblumentoast kommt auf 6 AED, um 1 AED bekommt man 1 l Wasser. Klar, der Obst-/Gemüsemarkt ist sicherlich billiger, aber viel kann da trotzdem nicht überbleiben.

Ich hatte die Gelegenheit, 2 Wochen in einem Hotel leben zu dürfen/müssen. Eigentlich nicht meine bevorzugte Unterkunft, weil ich sehr gerne koche, aber anders hätte ich Allan wohl nie kennengelernt. Allan ist einer der Kellner der Business-Lounge, in der ich jeden Abend viel Zeit beim Tippen langer Emails oder beim Skypen verbracht habe. War praktisch, denn die Business-Lounge ist für viele Gäste gratis, weil im Hotel-Paket inkludiert. Einmal habe ich ihm Trinkgeld zugesteckt. Weil er wirklich immer sehr aufmerksam war, und weil ich mir gedacht habe, dass er sicher nicht oft Trinkgeld bekommt. Denn bei einem Service, das gratis ist, denken die wenigsten daran, das Personal für ihre Leistung zu belohnen. Zugegeben, ich anfangs auch nicht! Ganz selbstverständlich bin ich jeden Abend hingepilgert, und habe gegessen, getrunken, und bin dann mit einem "gute Nacht" wieder auf mein Zimmer gewackelt.
Irgendwann sind wir ins Gespräch gekommen, und er hat beiläufig erwähnt, dass er am Wochenende Karaoke singen gehe. Darauf habe ich gefragt, was er denn sonst immer macht. Seine Antwort war: "schlafen". Warum er denn das Wochenende verschlafen wolle, fragte ich. Er gab mir zu Antwort, dass er nur samstags freihabe und ansonsten jeden Tag von 15 - 23 Uhr arbeite.

Warum ich das hier schreibe? Weil ich mich verdammt glücklich schätzen darf - eigentlich.

Ich bin sicherlich nicht auf der Hierarchiestufe von irgendwelchen "großkopferten Direktoren", die - fernab jeglicher Realität - auf der "Insel" (Jumeirah Palm) leben, aber trotzdem zähle ich hier schon zu denen, die auf die Butterseite des Lebens gefallen sind.
Auch bezüglich der Hautfarbe! Man glaubt gar nicht, wie sehr der Rassismus hier ausgeprägt ist... Winkt ein Inder ein Taxi heran, wird er oft von mehreren Taxifahrern gekonnt ignoriert. Stehe ich auf dem Gehsteig und plaudere mit einer Kollegin, bleiben Taxis stehen, und fragen, ob ich ein Taxi benötige.

Insofern hege ich gegenüber Dubai sehr ambivalente Gefühle: ich genieße die Annehmlichkeiten des Lebens, wie Tauchen oder eine Spritztour am Wochenende, ohne darüber nachzudenken, wer mir das eigentlich ermöglicht. Da blende ich alles oben Geschriebene vollkommen aus. Und wenn ich dann weiterdenke, dann trifft es mich wie eine Keule: einerseits macht es mir bewusst, wie dankbar ich für mein Leben sein kann, andererseits stimmt es mich sehr nachdenklich, ob ich da nicht auf Kosten anderer lebe, und dann macht meine Dankbarkeit dem Schamgefühl Platz.

2 comments:

  1. Es lief ein Film auf der Viennale mit dem Namen "The Dubai in me" - es ging um die Auswüchse der Globalisierung soweit ich weiss. Der Film (überwiegend mit - teils versteckter - Handycam von einem Österreicher gedreht) soll nicht besonders gut gewesen sein, aber das Problem der Ausbeutung, Geldverschwendung, etc. ist sicher vorhanden. Ich persönlich war ja überrascht dass du Dubai Schweden vorgezogen hast, aber vielleicht verdanken wir dieser Entscheidung am Ende die wesentlich gelungenere österreichische Aufarbeitung der beiden Gesichter Dubais? Dieser Beitrag war jedenfalls schon mal ein guter Anfang! Neuer Namensvorschlag für Dein Blog: "The Dubai in me" ;-)

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  2. Ich habe mich heute mit "meinem royalen Inder" unterhalten, der mir von seinen harten Anfängen in Dubai geschildert hat! Unglaublich... Die erwähnten Niedrigstlöhne sind wirklich kein Schmäh!!

    "The Dubai in me"... ich habe überhaupt schon überlegt, ob ich den Blog nicht auf Englisch weiterführen sollte, aber dann... Ich weiß nicht! Hier ist ohnehin schon alles Englisch!

    Schweden vs. Dubai: das war eine rein karrierebetrachtete Entscheidung. Naja, möglicherweise nicht ganz. Der Winter im hohen Norden kann ganz schön lang sein, wenn man nicht nur zum Urlaub dort ist.

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